1: Mexico City

8. Februar 1999, Montag:
Um 7:00 ging unser Zug von Leipzig nach Frankfurt. Mein kleiner Bruder fuhr mich zum Bahnhof.
Pünktlich um 10:00 waren wir dann in FFM und checkten ein (Sitze 46 E und F). Der andere Platz neben mir gehörte einer netten Französin, die fünf Monate Praktikum in Mexico City vor sich hatte. Mit ihr konnte man sich gut unterhalten und mit Alex prima Baileys trinken.
So landeten wir schließlich um 18:30 in Mexico City. Schon im Landeanflug konnte man die dicke Luft über der Stadt erahnen, beim Aussteigen dann auch die schwüle Hitze fühlen. Aber Hauptsache weg aus dem kalten Deutschland.

Die ganze Einreiseabfertigung war schnell erledigt, und als wir schon fast zur die Flughafentür raus waren, kam ein aufgeregter Mexikaner in Uniform hinter uns her und gestikulierte wild mit meiner Einreisedeklaration. Darauf hatte ich ordungs- und wahrheitsgemäß angegeben, dass ich noch `nen Apfel im Gepäck hatte. Den hat er mir dann doch tatsächlich wegbeschlagnahmt.
Egal.

Vom Lonely Planet hatte ich inzwischen gehört, besorgt hatten wir aber keinen. Dass man mit Taxis in Mexico City aufpassen soll, hatten wir trotzdem geschnallt. Zumal uns ein großes Schild am Flughafen noch mal daran erinnerte.

Klassisch: ein Typ mit (im Nachhinein ziemlich billig und selbstgemacht aussehende) Umhängeschild, wo Tourismusbehörde drauf stand, nahm uns am Flughafen an die Hand und lotste uns raus aus dem Gebäude, vorbei an einer langen Schlage klappriger alter Taxis zu einem schicken großen Chevy 4WD Taxi. Schön. Alex packte seinen Rucksack in den Kofferraum, ich nahm meinen vorsichtshalber mit auf die Rückbank, denn ganz geheuer war uns das alles schon nicht mehr.
Die Fahrt dorthin, wo wir glaubten ein Hostel gebucht zu haben, sollte dann USD20 kosten. Das fanden wir (unbedarft wie wir halt waren) erstmal auch in Ordnung, wollten uns aber rückversichern, dass der Taxifahrer auch wusste, was er tat. Er sollte uns den Weg wenigstens mal auf seiner Karte zeigen.
Die drehte er dann fünf Minuten mal links rum, mal rechts rum und guckte uns treudoof an.
Alles klar, abhauen!
Wir baten ihn, den Kofferraum zu öffnen.
Er: "wo ist denn das Problem?"
Wir: "Gibt kein Problem, mach mal den Kofferraum auf!"
Er: "wiso, wo ist das Problem?"
Wir: "Kein Problem, Kofferraum!"
Dann Alex Rucksack geschnappt und nix wie weg.

Für die richtigen Taxis mussten wir zwar zehn Minuten anstehen, aber die Fahrt darin war dann auch atemberaubend! Licht ging nicht, Sicherheitsgurte gab's nicht, rote Ampeln störten nicht. Hupend kämpfte sich unser Taxiheld quer durch den sechsspurigen Stadtverkehr. Wir staunten.

Wir staunten auch, als er uns vor einer hell erleuchteten glänzenden Hotellobby auspackte. Wie unser reserviertes 10-Bett-Schlafsaal-Hostel sah das nicht aus.
War es dann auch nicht.
Der Typ an der Rezeption meinte, wir währen nicht die ersten, die hier landeten, aber wo anders hinwollten. Hier war's allerdings wirklich zu teuer und wir zogen noch um ein paar Ecken ins Hotel Corinto, das war etwas billiger (335 Peso).

9. Februar 1999, Dienstag:
Schlafen war seltsam. Die Höhenlage, der Dreck und die Bauarbeiter im Innenhof nahmen jegliche Lust daran. Gegen 9:30 dann aufgestanden. Ein Engländer im Foyer empfahl uns die deutlich günstigeren Hotels im Stadtzentrum. Also ging's mit rudimentärem Spanish zur U-Bahn und nachdem wir verstanden hatten, wie das mit den Tickets funktioniert (3 Peso flat, egal wohin), nach Allende, dort dann ins Hotel Principal. Nett hier - und nur halb so teuer. Bis zum Abend strauchten wir durch die Stadt und erstanden in einem Buchladen endlich einen Lonely Planet.
Abends auf dem Bett schmökerten wir darin.

Alex: "Wußtest du, dass Acapulco in Mexico liegt?"
ich: "nö"
Alex: "tut es."
ich: "dann laß da mal hinfahren."

10. Februar 1999, Mittwoch:
Das war doch mal ein Wort. Deshalb ging's heut auch gleich zur Busstation, erstmal um nur die Preise zu checken. Erste Klasse 300 Peso, zu teuer für Alex, der war auf dem Spartrip [woran nix auszusetzen ist, genauso muss Urlaub ja sein].
Die Touristeninfo empfahl uns, eine Touristen-ID zu besorgen, damit könnte man billiger reisen. Touristen-IDs gab's angeblich in der deutschen Botschaft. Also hin. Die war 15:30 aber schon zu. Da sind wir halt zurück in einen Park (Bosque de Chapultepec) und haben uns von den Eindrücken berieseln lassen.
Zwei junge sympathische Mexikaner, Jose und Mauricio, kamen mit uns ins Gespräch. Wir unterhielten uns für etwa ein Stündchen mit ihnen, über dies und das, Deutschland, Mexico usw.
Gegen 20:00 zogen wir zwei dann auf den Zocalo, so heißt der zentrale Platz in vielen mexikanischen Städten. Der in Mexico City ist riesig, eine gigantische Flagge hängt auch da und wird jeden Tag mit viel Brimborium vom Militär eingeholt.
Mexiko City war trotz Dreckluft schon mal ziemlich geil. Konnte das überhaupt noch besser werden?

11. Februar 1999, Donnerstag:
Aufgestanden und duschen gewollt, kam aber kein Wasser raus, aus dem Hotelduschkopf. Schade, dann ohne.
Das mit der obskuren Touristen-ID haben wir verworfen und stattdessen am Busbahnhof zwei Tickets für morgen nach Acapulco klargemacht (je 205 Peso). Dort sind wir gleich noch ein bisschen über den Markt geschlendert und dann zurück zum Hotel. Um die Ecke gab's dort einen lecker Imbiss. Da haben wir ne Weile mit einem jungen Essenausgeber gelabert und der hat uns dann auf das Dach des Nachbargebäudes raufgebracht, wegen der Aussicht. Mexikaner sind schon ein entspanntes Völkchen (und die schönen Frauen hab ich noch gar nicht mal erwähnt).



Tlatelolco - Platz der drei Generationen
Mit der Metro ging's danach nach Sevilla, in die Zona Rosa, die etwas noblere Gegend der Stadt, voller Hochhäuser und glänzender Glasfassaden. Auf einer Parkbank kamen wir mit Victor, einem Mexikaner im Anzug, der ein Weilchen in Kanada gelebt hatte, ins Gespräch. Mit ihm haben wir uns eine ganze Weile unterhalten. (Eigentlich wollte ich ihm mal eine Karte schreiben, hab ich aber bis heute nicht auf die Reihe gekriegt. Falls er das hier lesen sollte: "Hallo Victor !!!")
Aber wir hatten noch viel vor für unseren vorerst letzten Tag in der Stadt.
Ab in die Die U-Bahn nach Tlatelolco [hatte erst gedacht, ich hätte mich im Tagebuch verschrieben, heißt aber wirklich so], zum Platz der drei Generationen. Da waren Alex und ich aber mal einer Meinung: das muß man nicht gesehen haben.

Auf dem Weg zurück robbte ein klitzekleines, dreckiges Mädchen von allerbestens 6 Jahren zwischen den Beinen der Passagiere durch die U-Bahn und versuchte mit einem alten Putzlappen, der noch zerlumpter war, als ihre Kleidung, ein paar Peso zu verdienen, indem sie Leuten (mir auch) über die Schuhe wischte. Das macht einen dann doch nachdenklich. Ich gab ihr mein Kleingeld.