6: Teotihuacan und dann zurück

28.Februar 1999, Sonntag:
Um 9:30 waren wir dann wieder in Mexico Stadt. Das Hotel Rioja sollte für die nächsten Tage unser Domizil werden. Am Nachmittag liefen wir noch mal durch die Stadt, aber inzwischen kannten wir uns ganz gut aus. Das Streetfood hatte es uns angetan. Fast überall in Mexico kann man Tortillas, Enchiladas usw. von kleinen Ständen essen, die Anwohner abends auf der Straße aufbauen. Ein deutscher Hygienekontrolleur würde bei deren Anblick wahrscheinlich tot umfallen, manchmal werden noch nicht mal die Teller abgespült, aber was soll's, das Essen dort ist saumäßig lecker und unschlagbar billig. Und wenn Mexicaner das essen können, dann wird's bei uns ja wohl auch irgendwie funktionieren.
Später am Abend pilgerten wir noch ein bisschen durch die Zona Rosa, wo noch gut was los war und gegen 22:30 ging's zurück ins Rioja.

1.März 1999, Montag:
Das Beste hatten wir uns bis zum Schluss aufgehoben. Um 10:00 sprangen wir in einen Bus zum Terminal Norte, von wo aus uns drei Stunden später ein Bus nach Teotihuacan beförderte. Auf der Fahrt sieht man auch ein Bisschen von den Wellblech- und Dachpappehütten in den Armenvierteln am Stadtrand und kann auch den Talkessel erahnen, der für die ständige Dunstglocke über der Stadt, der zu dauerhaft schwarzem Zeug in der Nase führt, verantwortlich ist.
Teotihuacan kostete uns je 20 Peso, die war es aber auch wert. Am Eingang standen viele Touris, die verliefen sich aber über die meiste Zeit. Wir schlenderten für 4,5h über das gesamte Areal, schauten hier, schauten dort und verausgabten uns beim Erklimmen der Mond- und der Sonnenpyramide.

Auf dem Weg zurück zum Bus waren wir in eine heftige Diskussion vertieft, in der es hauptsächlich darum ging, wo genau denn die Datumsgrenze verläuft. Ich weiß nicht mehr, wer was behauptete, wahrscheinlich meinten wir sowieso das selbe und redeten nur aneinander vorbei, das aber ziemlich heftig. Nach zwei Wochen aufeinander kann man sich schon mal annerven. Wir wären heute sicher im Streit auseinander gegangen, wenn da nicht ein kleiner Mexikaner angekommen wäre, und uns schon wieder eine von seinen Hängematten aufschwatzen wollte. Wo viele Touris sind, trifft man sie, ist halt so - das Gesetz von Überangebot und fehlender Nachfrage. Er jedenfalls hielt auf uns zu, um seine Hängematten anzupreisen, "ah my friend, where you from? USA? Germany?" da platzte mir die Hutschnur, ich lief rot an und ich schrie ihm ins Gesicht "wir sind aus Schweden und ihr KOTZT MICH ALLE AN!!!"
Schneller als jemand "you want to buy hamock" sagen könnte, war er aus unserer Sichtweite verschwunden. Stimmung gerettet, eigentlich wollte ich ja Alex anschreien. (Tut mir auch leid für den Mexikaner, schließlich versuchte er auch bloß, ein paar Peso zu verdienen. Sorry.) Wird wohl Zeit, übermorgen würden wir sowieso zurück fliegen.

Als wir 18:00 wieder ins Hotel kamen, regnete es.

2.März1999, Dienstag:
Um 10:30 aufgestanden. Für heute war ein wenig mehr vom Kulturprogramm vorgesehen. Es ging auf einen Rundgang durchs Regierungsgebäude am Zocalo. Tja, danach noch jeder eine Flasche Mescal für zu Hause gekauft, Siesta gehalten und abends noch mal zum Zocalo zurück, um der Einholung der überdimensionierten Nationalfahne beizuwohnen. Danach wussten wir wirklich nicht mehr, was es in Mexico Stadt noch zu tun gab. Der Planet schlug vor, man könnte bei der Ziehung der Lottozahlen der Loteria National zuschauen. Na gut, also da hin. Aber das war wirklich stinklangweilig. Um 22:00 dann ins Bett.

3.März1999, Mittwoch:
Um 12:00 waren wir ausgechecked und frühstückten gemächlich in unserem Lieblingspark in Mexico City, Chapultepec. Rundherum sprangen graue Eichhörnchen durch die Kante und ließen sich füttern. Nachmittags schlenderten wir zum letzten Mal durch die Zona Rosa, um noch ein paar Mitbringsel für die Leute daheim zu organisieren und kurz vor sechs machten wir uns auf den Weg zum Flughafen.
Da war es endgültig vorbei mit Urlaubsstimmung - überall standen Deutsche rum, eine Reisegruppe musste am Schalter gleich wieder Streß machen, weil sie nicht zusammen sitzen durften. Konnten wir nur mit dem Kopf schütteln.

Weil noch viel Zeit war, statteten wir eben unserer Fluggesellschaft noch einen Besuch ab. Das Büro der Lufthansa war von einem Gang in der zweiten Etage aus zu erreichen und wir klopften einfach mal an die Tür. Da war auch eine nette junge Mitarbeiterin drin, die nicht so recht wusste, was wir jetzt eigentlich wollten. Na ja, mal "Hallo" sagen eben. Wir blieben zehn Minuten.

Gegen 21:30 startete unser Flieger. Alex saß gute 20 Reihen weiter vorne, ich mitten in einer französischen Reisegruppe (und dass obwohl ich die Maus am Check-in ausdrücklich um einen Platz neben einer hübschen jungen Frau gebeten hatte.). War so aber auch ganz cool, wir trafen uns dann mal auf ein paar Baileys im Zwischenabteil und unterhielten uns ganz gut mit den Stewardessen.

Am nächsten Tag landeten wir gegen Mittag in FFM, in einem tristen, grauen, griesgrämigem deutschen Wintermärchen, mit Schnauzbärten und Bierbäuchen, Golffahrern und 35-Stunden-Woche. Die Erkenntnis, dass hier einfach mal eine gehörige Portion mexikanischer Lockerheit fehlt, schlug mir noch am Flughfen förmlich ins Gesicht.
Was solls, in zwei Wochen sollte schon der nächste Trip beginnen, das wussten ich aber noch nicht.