2: Acapulco

12. Februar 1999, Freitag:
Gegen 8:00 aufgestanden und duschen gewollt. Ging nicht, kein Wasser.
Zusammenpacken, auschecken.
Dem Frühstück ging's wie der Dusche, es fiel aus. Unser Lieblingstakoladen um die Ecke hatte noch zu.

Jedenfalls kamen wir um 9:30 auf dem Busbahnhof an und kurz nach 11:00 fuhr er dann auch ab, unser Bus, mit Video und Klimaanlage.
Irgendwo in den Bergen mussten wir anhalten, weil am Bus irgendwas kaputt war. Wen stört's...

Um 16:00 liefen wir dann ein, im Busbahnhof Acapulco. Draußen war's herrlich warm und wir schleppten unsere Rücksäcke einmal quer durch die Stadt, weil ein Neuseeländer, den wir gerade getroffen hatten, uns sein Hotel am Zocalo empfahl. 160 Peso für zwei Betten, Ventilator und kleines Bad waren okay. Jetzt konnten wir endlich die Morgendusche nachholen. Dann noch schnell was einkaufen und ab zum Strand.
Der erste Eindruck: sehr touristisch, aber schon ganz geil. Da kann man was draus machen, hier in Acapulco.

13. Februar 1999, Samstag:
Der Morgen brachte die Erkenntnis, dass Hotels am zentralen Platz der Stadt v.a. deshalb so billig sind, weil die Kirchenglocken direkt daneben jeden spätestens um 6:00 unwiderruflich aus dem Bett reißen. Aber wir sind ja nicht hier, um uns zu beschweren. Stattdessen ging's bis Mittag zum Stadtstrand, der Bahia de Acapulco, einer Bucht. Obwohl wir gar nicht so sehr die Sonnenbräunefanatiker waren, hatte ich nach einer kleinen Siesta im Hotel dann nachmittags schon gut Sonnenbrand im Gesicht und am Oberarm, war aber auch egal. Nun machten wir uns auf die Suche nach dem offenen Pazifik. Der war noch mal ein Stück weiter weg, dafür aber auch wesentlich schöner anzuschauen.

Abends versuchten wir dann ein paar Bier kühl zu stellen und begaben uns zu diesem Zwecke auf die Suche nach Eis. Das war gar nicht so einfach. Mal hier und mal da gefragt, aber keiner konnte uns weiterhelfen. Ein Backpackerpärchen aus Lüne- und Hamburg half uns dann, einer Verkäuferin am Saftstand auf dem Zocalo unser Problem zu schildern. Von ihr bekamen wir ein paar Eiswürfel, die wir zusammen mit dem Bier in den Toilettenspülkasten im Hotelzimmer packten.


Bier im Spülkasten

Wenig später zogen wir mit unseren vier angedeutet kühlen Bier im Rucksack los, wollten eigentlich zu den Klippenspringern, einer lokalen Attraktion. Da hatten wir wohl ein wenig den falschen Weg eingeschlagen und waren schon dabei in die Slums am Stadtrand hinaufzusteigen, als uns ein zunächst wenig vertrauensvoll wirkender Mexikaner ansprach, ob wir denn wüssten, wohin wir da gerade liefen.
Na klar wussten wir das; hatten doch unseren Lonely Planet;)
Der Typ hieß Carlos, war 53 und hauptsächlich Drummer (und Lebemann und Rumtreiber und ein bisschen Zuhälter war er wohl auch). Er wies uns darauf hin, dass es ab hier tendenziell gefährlich werden könnte, kehrte uns um und begleitete uns zu den Klippenspringern. Er erzählte eine Hammer-Story nach der anderen. Das fehlende Vertrauen war schnell vergessen. Wir leerten mit ihm ein paar unseren Bier und er zeigte uns in dieser Samstag Nacht Acapulco, wie man es erleben sollte - auf mexikanische Art.
In ein paar obskure Nachtklubs schauten wir nur mal kurz rein, in einer original Mexikanerdisco mit Band leerten wir ein paar mehr Bier (wir waren dort die einzigen Gringos), in einer Kantina konnten wir das dreckigste Klo bestaunen, dass ich bis heute [März 2004] je gesehen habe. Bei ihm zu Haus schauten wir auch noch kurz vorbei und er stellte uns seine Familie vor.
Alles in allem: der Abend war irre, Carlos war irre, Acapulco war irre.

14. Februar 1999, Sonntag:

Blick aus dem Hotel


Frühstückchen
Gegen 10:00 waren wir dann wieder auf den Beinen und gingen uns mal ein anderes Hotel anschauen. Genauso günstig, aber weiter weg von den Kirchenglocken: Torre de Eifel (3 Nächte, 300 Peso). Nachmittags machten wir uns auf den Weg zu einer kleinen Bucht am offenen Pazifik, zum Baden und anschließend ins Hotel Boca Chica, wo Carlos sein sollte, um in einer Unterhaltungsband mit zu drummern.

Das Boca Chica war gehobene Klasse, mit Kellnern und Teppichen und all so was und an der Bar nagelte uns ein Landsmann ein Gespräch ans Knie.

Der Steffen aus Bayern, Bauarbeiter und noch keine 30, war der Pauschaltouristendepp wie er im Buche steht: Da saß er in Schlappen, bunten Bermudas, Ripshirt, mit Voku-hila-Schnitt und dem Hauch eines Oberlippenbartes an der Bar, mit Plastiktüte unterm Arm, beschwerte sich, dass die Kellner zu langsam wären und die Musik zu laut, erklärte uns aber, wie geil hier in Acapulco doch alles sei. Jeden Abend hätte er ein Mädel auf dem Zimmer (je 200 Peso) und die vier Wochen Urlaub im Hotel würden ja bloß 2.200 DM (!!!) kosten (plus 1.500 DM Flug). Alex und ich guckten ihn nur verständnislos an. Dabei hat der Mann noch nicht mal was von der Stadt gesehen, er fuhr allerbestens mal mit dem Taxi zum Supermarkt und dann gleich wieder zurück ins Boca Chica...
Die Unterhaltung war sehr einseitig, Alex zimmerte ihm dann eins auf's Auge, ich latschte ihm in die 100, wir gingen.

Für den Sonnenuntergang brauchten wir irgendwo einen schönen Blick auf's Meer. Den fanden wir im Hotel Flamingo. Von deren Terrasse aus war der Blick über das offene Meer und der Sonnenuntergang einfach wunderbar. Gegen 20:30 ging's dann zurück zum bunt belebten Zocalo (Zocalos hatten wir schon ganz schön ins Herz geschlossen, die sind gut) wo wir uns wieder mit Carlos treffen wollten. Die vielen Luftballons machten uns misstrauisch, irgendwas war hier los.
14.Februar, Valentinstag.
Das hier entwickelte sich zu einer richtigen Party und die vielen lachenden, glücklichen Menschen steckten rasch mit ihrer Ausgelassenheit an. Carlos kam 1,5h später dazu. Mit ihm sind wir was essen gegangen und haben uns noch lange am Strand unterhalten.

Gegen 12:00 war er zu Hause und wir liefen gerade in unserem Hotel ein. Auf der Treppe kamen uns dort drei Schweden und ein Australierpärchen entgegen, mit denen wir dann doch nochmal in die touristischeren Ecken des Nachtlebens loszogen. Allerdings sind wir nirgendwo reingekommen (was letztlich auch gut so war), entweder wegen des Dresscodes (baggy Shorts und T-Shirt für Alex und mich reichten wohl doch nicht, die Schweden hatten sich ein bisschen aufgetakelt) oder weil es unverschämt teuer war.
Ständig quatschten uns Mexikaner an, ob wir nicht irgendwelchen Zeug kaufen wollten, sie hätten so ziemlich alles gehabt. Das wäre wohl was für die Schweden gewesen, die waren eh schon breit, die Australier (Dany und Danni) hingegen waren richtig nett. Zur gleichen Zeit wie wir waren die übrigens im selben Hotel in Mexico City, im Hotel Principal, dort haben wir sie aber nicht gesehen. So halb drei sind wir dann zurück ins Hotel.

15. Februar 1999, Montag:
Mitten in der Bahia de Acapulco liegt eine Insel. Carlos und Alex waren dahin geschwommen, während ich am Strand die Sachen bewachte. Schwimmen ist sowieso nicht mein Ding, auf der Hälfte des Weges wäre ich sicher abgesoffen.
Selbst mit Alex' 200mm Zoom sind die beiden nur ganz klein auf den Fotos rausgekommen, als sie von der Insel winkten. Hier unten am Strand winkte auch was, nämlich eine Mexikanerin und ihre Freundin und zwar mir zu. Mit den beiden hab ich versucht mich zu unterhalten, was aber erst richtig in Fluss kam, als Carlos wieder da war und übersetzen konnte. Sie luden uns für morgen zum Essen ein.
Alex musste aber erstmal dringend zum Arzt, weil er auf der Insel in einen Seeigel oder so getreten war und die Stacheln im Fuß beim Auftreten höllisch schmerzten.

Nach seiner großen Operation ging's dann noch ein Häppchen was essen (3 Enchiladas für 8 Peso, saulecker) und abends noch mal Cliff-divers schauen.

16. Februar 1999, Dienstag:
Gegen Mittag haben wir uns mit Carlos getroffen und sind zum Einkaufszentrum, wo die Mädels von gestern auf uns warteten. Das mit dem Essen wurde verschoben, stattdessen sind wir ein Weilchen über den Markt geschlendert und ich hab mir ein paar Brocken Spanisch beibringen lassen. Nett, alles in allem.

Nachmittags sind wir zu dritt (ohne Mädels) zu dem zweitbesten Stück Strand gefahren, das ich bis heute je gesehen habe [und das waren inzwischen schon einige, der beste meiner Meinung nach in Western Australia]. Der war eine halbe Busstunde außerhalb der Stadt, ziemlich menschenleer, der feine warme Sand quietschte unter den Füßen und die Wellen hatten einiges an Kraft in sich.
Um 19:00 machten wir uns zurück nach Acapulco. Morgen würden wir weiterfahren, nach Puerto Escondido (irgendjemand hatte gesagt, da wäre es geil) und das würde unser letzter Abend mit Carlos sein, der uns inzwischen richtig lieb geworden war und dem es ebenso ging. Enchiladas, ein paar Bier und ein letztes Mal zu den Klippenspringern; dann hieß es Lebewohl sagen - durchaus mit einer Träne im Auge.




Erst durch Carlos kam es, dass Acapulco zu der Station wurde, die mir auf immer unvergesslich in Erinnerung bleiben wird. Ich bin ihm immer noch dankbar, dass er uns bei der Hand nahm und uns seine Stadt zeigte, wie man sie erleben sollte, wenn man sich nur ein wenig offen zeigt und auf unbestimmte Weise hat er auch meine Sicht der Dinge verändert. Ich war mir sicher, dass wir ihn irgendwo wieder treffen würden [heute bin ich das nicht mehr, leider. Aber wer weiß...]

Unser Hotelklo hatte eine kleine Verstopfung, aber morgen würden wir ja sowieso abreisen.