rastlos - Reiseberichte aus aller Welt! Reisebericht China 2007 

Jangtse - Drei Schluchten Staudamm


Weiter geht die Reise mit dem Flugzeug nach Chongqing am Jangtse Fluss, der mit 31 Mio. Einwohnern größten Stadt der Welt. Allerdings muss man sagen, dass hier recht großzügig eingemeindet wurde: Das Stadtgebiet ist so groß wie Österreich und besteht größtenteils aus Bergland, Dörfern und anderen Städten. Das eigentliche Chongqing hat „nur“ 8 Mio. Einwohner.

Noch am Abend gehen wir an Bord unseres Kreuzfahrtschiffes und am Morgen beginnt eine dreitägige Fahrt den Jangtse hinab. In den drei Tagen auf dem längsten Fluss Chinas werden wir die berühmten drei Schluchten passieren und auch den Drei-Schluchten-Staudamm, der diese Landschaft in einem Jahr grundlegend verändern wird. Doch nach dem doch ziemlich stressigen ersten Teil der Reise sind Frank und ich ganz froh, jetzt einfach mal untätig an Deck herumlümmeln zu können und die Beine auszustrecken.
Wir fahren vorbei an Städten, die gigantischen Baustellen gleichen. Wenn nächstes Jahr die dritte Staustufe des Drei-Schluchten-Dammes in Betrieb geht, wird in dem ganzen Gebiet der Wasserspiegel noch einmal um Etliches steigen. Ganze Städte mussten hierfür verlegt und insgesamt 1,13 Millionen Menschen umgesiedelt werden.
Am Nachmittag besichtigen wir bei einem Landgang die Geisterstadt Fengdu. Geisterstadt gleich in doppeltem Sinne: Zum einen musste das eigentliche Fengdu durch das Stauprojekt verlegt werden, von der alten Stadt sind nur noch die Fundamente zu sehen. Doch oben auf dem Tempelberg Ming Shan verbirgt sich nach chinesischer Überlieferung der Eingang zur Unterwelt, den zehn chinesischen Höllen. Wer hätte dies vermutet in dieser idyllischen Landschaft?

Die Seelen der Verstorbenen müssen sich beim Eintreten in die Unterwelt drei Prüfungen stellen. Um es kurz zu machen: zwei von drei haben wir klassisch versemmelt – mögen die Dämonen unseren armen Seelen gnädig sein! Uns so stehen wir letztendlich von Yan Wang, dem Höllenkönig. In seinem Buch sind die Namen derjenigen verzeichnet, deren Seelen rein sind und denen die Folterqualen der zehn Höllen erspart bleiben. Natürlich kann man gegen einen kleinen Obolus seinen Namen in dieses Buch eintragen lassen. Die Idee kommt uns irgendwie bekannt vor… Als aufgeklärte Freigeister werden wir uns solchen Praktiken natürlich niemals beugen und werden dafür – wenn man den Darstellungen im Tempel glauben darf – nach unserem Dahinscheiden mit unsäglichen Folterqualen bestraft.
Am nächsten Morgen heißt es zeitig aufstehen: Mit Sonnenaufgang stehen wir an Deck, um das Schauspiel eines Sonnenaufganges über dem Jangtse nicht zu verpassen. Im Schein der aufgehenden Sonne fahren wir in die erste der drei Schluchten, die Qutang-Schlucht, ein.

Ein nicht weniger interessantes Schauspiel spielt sich weiter unten ab: Der Abfall von 100 Millionen Menschen landet im Jangtse, so dass man manchmal durch einen regelrechten Teppich aus Plastikschuhen und sonstigen Unrat zu fahren scheint. Mit kleinen Booten versuchen Müllmänner dem Problem Herr zu werden, eine Aufgabe, die eines Sisyphos würdig wäre!
Durch das Damm-Projekt werden die Schluchten nicht verschwinden, dass das Wasser dann etwas höher steht, wird das eindrucksvolle Erlebnis nur wenig schmälern. Nicht zuletzt dient der Drei-Schluchten-Damm der Hochwasser-Regulierung, und die jährlichen verheerenden Überschwemmungen zu verhindern. Nun ja, in Sachsen diskutieren wir über den Bau der Waldschlösschen-Brücke. Am Jangtse entstehen derzeit 29 neue Brücken. Die Energie der Bautätigkeit nimmt teilweise schon fast beängstigende Ausmaße an.
Mit einem kleineren Schiff machen wir einen Abstecher in die Drei Kleinen Schluchten des Daning He, deren Landschaftsszenerie den großen Jangtse Schluchten in nichts nachsteht .

Bei der Weiterfahrt auf dem Jangtse passieren wir zuerst eine kleine Felsnadel, die als chinesische Lorelei bezeichnet wird (sie singt auch, versenkt aber weniger Schiffe) und fahren anschließend in die Wu-Schlucht, die zweite der Drei Schluchten, ein. Am Abend erreichen wir den Drei-Schluchten-Damm. Die Kreuzfahrtschiffe passieren den Damm an einer 6-stufigen gigantischen Schleuse, das Schleusen nimmt den gesamten Abend in Anspruch.
Am Morgen besichtigen wir den Drei-Schluchten-Damm selbst, eines der gigantischsten und auch umstrittensten Bauprojekte Chinas. Mit dem Bau des Dammes werden drei Ziele verfolgt: Energiegewinnung, Hochwasserschutz und eine Verbesserung der Schiffbarkeit des Jangtse. Nächstes Jahr, 2008, wird das Projekt mit der dritten Staustufe fertig gestellt werden. Betreten dürfen wir den Damm zwar nicht, die kolossalen Dimensionen des Dammes werden aber auch aus einiger Entfernung deutlich.
Was ich zuerst für eine Sandbank vor dem Damm gehalten habe, entpuppt sich bei näherem Hinsehen schlichtweg als Müll. Aller Abfall, der früher fröhlich ins Meer geschwemmt wurde, bleibt nun am Damm hängen und muss von den Turbinen fern gehalten werden. Ob er wohl auf der anderen Seite einfach wieder in den Jangtse gekippt wird?
Weiter geht die Fahrt durch die dritte und längste der Schluchten, die Xiling-Schlucht. Noch einmal genießen wir es, gemütlich an Deck zu sitzen und das Panorama der Landschaft an und vorbeiziehen zu lassen. Doch die drei Tage an Bord sind schon vorbei, in dem Städtchen Yichang (nur unbedeutende 4,1 Mio. Einwohner) gehen wir von Bord und fahren mit dem Bus weiter in die Provinzhauptstadt Wuhan.
Die größte Sehenswürdigkeit in Wuhan ist das Provinzmuseum, und das bedeutendstes Ausstellungsstück ist ein antikes Glockenspiel, und das ist wegen Restaurierungsarbeiten gerade nicht zu besichtigen. Allerdings findet auf einem Duplikat eine beeindruckende, aber leider recht kurze Musikdarbietung statt.

Also bleibt uns vor der Weiterreise noch genug Zeit, um gemütlich über einen chinesischen Markt zu schlendern. Alle möglichen und unmöglichen Sorten von Gemüse gibt es, Stände voller Tofu und natürlich auch ein paar Leckereien für Nicht-Vegetarier. Manche davon sind auch etwas exotischer… Eine lokale Reiseleiterin hat uns erzählt, sie hätte gehört, wenn man in Deutschland eine Straße bauen will und es ist ein Teich mit Schildkröten im Weg, gäbe es eine riesige Diskussion. Ob man die Straße rund herum bauen muss, oder lieber eine Brücke … In China isst man die Schildkröten auf.

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