rastlos - Reiseberichte aus aller Welt! Reisebericht China 2007 

Reisebericht China 2007 - vor dem Olympiarausch


Einleitung
Um China zu besuchen, erscheint uns das Jahr vor Olympia genau der richtige Zeitpunkt zu sein (denn erfahrungsgemäß steigen mit Olympia die Preise und bleiben dann erst mal oben…). Unsere Reise mit Bahn, Schiff und Flugzeug durch das Reich der Mitte führt uns von der Hauptstadt Peking über Xi’an, den Jangtse, Shanghai, Guilin bis nach Hongkong.

Peking
Nach elfstündigem Flug sind Frank und ich gegen Mittag endlich in Peking angekommen und haben jetzt erstmal Hunger. Wir finden ein nettes Restaurant, natürlich ist die Karte nur auf Chinesisch und auch die Bedienung spricht nix anderes. Aber so weltgewandte Reisende wie wir meistern solche Situationen routiniert und elegant – und finden sich kurz darauf mit einem Tofu-Gericht als Hauptgang und Soja-Milch als Getränk wieder. Mehr oder weniger gestärkt kann die Rundreise beginnen. Wir treffen unsere 15-köpfige Reisegruppe und unseren leicht lethargischen Reiseführer Xi Du, und beginnen mit der Besichtigung Pekings. Schon jetzt – ein Jahr vorher – befindet sich ganz Peking im Olympia-Fieber. Die Stadt ist eine gigantische Baustelle, und Olympia-Werbung und –Symbole finden sich an allen Ecken und Enden der Stadt. Erste Station ist der wunderschöne Himmelstempel. Hier opferte der Kaiser dem Himmel und bat um das rechte Wetter für eine gute Ernte. Hintergrund der Zeremonie war die Überzeugung des konfuzianischen Reiches, naturgegebener Angelpunkt der Welt zu sein, und das Bewusstsein des Herrschers, für die Harmonie in der Welt die Verantwortung zu tragen. Soweit zur Theorie…

Nächste Station ist der Tian’anmen-Platz, dem Platz des himmlischen Friedens (oder eigentlich „Platz am Himmelsfriedentor“). Der Tian’anmen-Platz ist das Zentrum des sozialistischen Chinas: Hier sollten die revolutionären Volksmassen der Führung zujubeln, immerhin fasst der Platz eine Million Menschen. Blutige Berühmtheit erhielt er im Jahre 1989 mit der Niederschlagung der Studentenbewegung. Doch heutzutage darf selbst so imperialistischer Auswurf wie wir auf dem Platz posieren, ohne dass gleich ein Panzer angefahren kommt.
Der Platz wir gesäumt von verschiedenen Parlaments- und Verwaltungsgebäuden, dem Mausoleum des Großen Vorsitzenden Mao und natürlich dem Eingang zum Kaiserpalast, der Verbotenen Stadt. Bei der Fahnenwache an der Gedenkstele der Volkshelden kommen uns Erinnerungen an den Fahnen-Appell auf dem Schulhof zu unseren Pionierzeiten, und wir bekommen ein wenig feuchte Augen.
Auf dem Tian’anmen-Platz machen wir auch zum ersten Mal Bekanntschaft mit chinesischen Touristengruppen – es ist unglaublich, welche Touristenmassen sich quer durch China wälzen. Doch die wenigsten sind „Langnasen“ wie wir, sondern chinesische Omas und Opas, die mit bunten Mützchen in Zweierreihen ihrem mit einem Megafon bewaffneten Führer hinterher wackeln.
Unter den wachsamen Augen des großen Vorsitzenden betreten wir die Verbotene Stadt. Als „Verbotene Stadt“ wurde der Kaiserpalast bezeichnet, weil niemand aus eigener Machtbefugnis Zugang hatte außer dem Kaiser selbst. Er war auch der einzige (fortpflanzungsfähige) männliche Bewohner. Zwar durften auch hohe Beamte, ausländische Gesandte und die Palastwache das Gelände betreten, die Verwaltung oblag jedoch einigen tausend Eunuchen. Insgesamt misst das gesamte Areal 960 m in der Länge und 750 Meter in der Breite. Zwei Grundprinzipien der konfuzianischen Lehre bestimmen den Aufbau des Kaiserpalastes. Die Harmonie dank der Herrschaft des Himmelssohnes wird symbolisiert durch eine Symmetrie aller Bauten entlang der Nord-Süd-Achse, diese sind somit am Himmel selbst ausgerichtet. Zweites Gestaltungsprinzip ist das der Hierarchie, je weiter man in die Stadt hineingeht, umso bedeutender werden die Paläste und Hallen.
Wie Peking selbst ist auch der Kaiserpalast eine riesige Baustelle. Schließlich soll nächstes Jahr zu Olympia alles in höchsten Glanz erstrahlen! Doch auch jetzt schon sind die Plätze und Hallen von Touristen-Massen bevölkert. Würden die Kaiser dies sehen, sie würden im Grab rotieren!

Bei einem Spaziergang durch die Altstadt, oder was davon übrig geblieben ist, können noch einige der „Hutongs“ genannten Hofhäusern besichtigt werden. Bei diesen traditionellen Pekinger Häusern spielt sich das Leben hinter einer Mauer rund um einen Innenhof ab, die meist prächtigen Eingangstore spiegeln den sozialen Status der Bewohner wider. Das moderne Peking sieht dagegen etwas anders aus. Aber 14 Millionen Einwohner wollen schließlich auch irgendwo wohnen… Zwar ist das Fahrrad noch immer ein wichtiges Fortbewegungsmittel, doch immer mehr Chinesen steigen aufs Auto um. Also verstopfen Blechlawinen die vielspurigen Highways der 14-Millionen-Stadt, die Abgase liegen als Smog-Glocke über der Stadt. Mit typisch chinesischem Selbstbewusstsein ist man aber überzeugt, dieses Problem demnächst in den Griff zu bekommen.

[Weiter: Ausflug zur Grossen Chinesischen Mauer]